Entscheidungshilfe
Die folgende Entscheidungshilfe stellt jeweils Pro- und Contra-Argumente für verschiedene Umsetzungsmaßnahmen vor. Sie ist als Unterstützung gedacht, um eine für den individuellen Betrieb passende Entscheidung zu fällen.
Zeitliche Einschränkung
Rauchverbot während der gesamten Arbeitszeit?
PRO
Der Anteil der Raucher, die gerne mit dem Rauchen aufhören würden, ist in Betrieben oftmals ungeahnt hoch.1 Ein Rauchverbot während der Arbeitszeit kann – am besten durch Angebote zur Raucherentwöhnung unterstützt – Rauchern helfen, ihren eigenen Wunsch auch konsequent durchzuziehen.
Sechs Zigaretten pro Tag während der Arbeitszeit entsprechen in etwa einer Arbeitsstunde. Forschungen dazu, ob der Zigarettenkonsum bei Rauchern kurzzeitig zu einer besseren Konzentration führt, kamen zu keinem eindeutigen Ergebnis, so dass man häufig davon ausgeht, dass die bisher mit Raucherpausen verwendete Arbeitszeit in Folge eines Rauchverbots effektiver genutzt werden kann.
Durch den Wegfall von Raucherpausen kann auch das Arbeitsklima verbessert werden: Nichtraucher fühlen sich nicht mehr benachteiligt, für genauso viel Gehalt mehr Arbeit leisten zu müssen. Zudem kann die Kommunikation zwischen Nichtrauchern und Rauchern verbessert werden, da wichtige Diskussionen nicht mehr während der Raucherpause stattfinden.
Forschungen zur Arbeitszeit belegen den produktivitätssteigernden Effekt von Kurzpausen (ca. 5 - 10 Minuten), so dass es sich lohnt alternativ zur Raucherpause gemeinsam mit den Beschäftigten "gesunde Kurzpausen" (z.B. mit Auflockerungsübungen wie Schulterkreisen) durchzuführen. Die Wichtigkeit dieser Kurzpausen verdeutlicht der Gesetzgeber unter anderem in der Bildschirmarbeitsverordnung, die Kurzpausen zur Verringerung der Belastung vorschreibt [§ 5BildscharbV].2
Empfehlung zur Umsetzung:
Obwohl den meisten Bewerbern klar ist, dass kein gesetzlicher Anspruch auf Raucherpausen besteht, ist es dennoch gut, den Entschluss eines Rauchverbots während der Arbeitszeit bereits bei Bewerbungsgesprächen zu erwähnen.
Raucher müssen weiterhin die Möglichkeit haben, in ihrer gesetzlich festgelegten Ruhepause zu rauchen. Um das Rauchen auch außerhalb der Arbeitszeit zu ermöglichen, besteht die Option, die Beschäftigten beim Vorhandensein eines Zeiterfassungssystem ausstempeln zu lassen und sie die Zeit nacharbeiten zu lassen.
CONTRA
Tabakabhängigkeit ist eine chronische Erkrankung, die vom Betroffenen nicht einfach abgestellt werden kann. Neben anfänglichen Entzugssymptomen wie Gereiztheit und Konzentrationsschwäche können bei einem Rauchverbot während der Arbeitszeit – je nach Person – auch die Motivation und damit auch die Produktivität leiden.
Viele Raucher empfinden zudem ihre Zigarettenpausen als Stressausgleich.
Raucher können sich durch ein derartiges Rauchverbot stigmatisiert fühlen, zumal es ausreichend räumliche Maßnahmen gibt, die den Schutz der Nichtraucher gewährleisten, ohne Rauchern ihre Raucherpause zu verbieten.
Empfehlung zur Umsetzung:
Zu klären ist, ob es jedem freigestellt ist, wie oft und wie lange er jeweils Raucherpausen macht oder ob man sich gemeinsam auf einen gewissen Rahmen festgelegen kann. Weiterhin ist zu entscheiden, ob diese Raucherpausen bezahlt oder unbezahlt sind.
Wenn es sich um bezahlte Raucherpausen handelt, ist zu kommunizieren, dass auch Nichtraucher zusätzlich Entspannungspausen einlegen dürfen und sollen! Damit sich diese Kurzpausen auch durchsetzten, ist es sinnvoll, wenn sie von allen Entscheidungsträgern im Betrieb vorgelebt werden. Dies kann sich nicht nur produktivitätsfördernd für die Nichtraucher auswirken, es kann zudem durch ein Gefühl der Gleichberechtigung zu einem besseren Betriebsklima führen. Auch juristische Konflikte mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden vermieden.
Räumliche Einschränkungen
Komplettes Rauchverbot am Arbeitsplatz?
PRO
Konfliktsituationen zwischen Rauchern und Nichtrauchern durch unklare Regeln, Ausnahmen und schlechte Lüftungssysteme werden durch eine vollkommene Rauchfreiheit vermieden.
Studien ergaben, dass ein komplettes Rauchverbot am Arbeitsplatz dem Wunsch vieler Raucher ihren Zigarettenkonsum einzuschränken3 oder zu beenden am stärksten entgegen kommt.4 5 6 7 8
Ein Rauchverbot am Arbeitsplatz minimiert auch das Brandrisiko. Für Brände, die durch Zigaretten entstanden sind, haftet der dafür verantwortliche Arbeitnehmer übrigens nicht automatisch9, so dass hohe Brandkosten auf den Arbeitgeber zukommen könnten.
Ein komplettes Rauchverbot ist insgesamt am kostengünstigsten und am schnellsten umzusetzen. Da gesundheitsgefährdenden Partikeln im Innenraum vorgebeugt wird, gewährleistet es zudem die größte Sicherheit der Arbeitgeberpflicht zum Gesundheitsschutz gerecht zu werden.
Das Rauchverbot darf sich jedoch nicht auf das Betriebsgelände im Freien erstrecken: Rauchern muss weiterhin die Möglichkeit gegeben werden bei jedem Wind und Wetter im Freien rauchen zu können.
CONTRA
Durch ein komplettes Rauchverbot kann sich der Widerstand der Mitarbeiter (insbesondere der Raucher) gegenüber dem Nichtraucherschutz erhöhen.
Sind getrennte Räume für Raucher und Nichtraucher vorhanden und finden gemeinsame Besprechungen in Nichtraucherräumen statt, muss nicht auf eine vollkommene Rauchfreiheit plädiert werden. (Achtung: In öffentlichen Einrichtungen der Länder und des Bundes gelten striktere Regelungen. So darf in Hessen beispielsweise in manchen öffentlichen Einrichtungen per Gesetz auch im privaten Dienstraum nicht geraucht werden.)
An bestimmten Orten kommt man jedoch um eine vollkommene Rauchfreiheit nicht herum: Das betrifft Orte, die von Rauchern und Nichtrauchern gemeinsam benutzt werden wie Besprechungsräume, Flure und Toiletten.
Empfehlung zur Umsetzung:
Voraussetzung für Raucherräume ist allgemein, dass diese gut abgedichtet sind, so dass kein Luftaustausch mit Nichtraucherräumen stattfindet. Zusätzlich sollten die Räume über eine gute Lüftungsanlage verfügen. Es ist darauf zu achten, dass zentrale Lüftungsanlagen den Rauch – wie teilweise üblich – nicht in alle Zimmer verteilen und ein hoher Qualitätsstandard beim Herausfiltern von Rauch garantiert werden kann.
Spezielle Raucherzonen?
PRO
Durch zugewiesene Raucherzonen werden Nichtraucher ausreichend geschützt, da sie sich nicht mehr in Bereichen aufhalten müssen, in denen Schadstoffe des Tabaks exponiert werden.
Raucherzonen außerhalb des Gebäudes sind die preiswerteste und gesündeste Lösung, um Rauchern weiterhin ihre Zigaretten zu ermöglichen und sie vor einer sehr hohen Konzentration an Schadstoffen in der Raumluft zu schützen.
Empfehlung zur Umsetzung:
Entscheiden Sie sich für Raucherräume oder -zonen innerhalb des Gebäudes müssen diese
- eine entsprechende Beschilderung aufweisen,
- von anderen Bereichen des Unternehmens getrennt sein (dazu gehört auch eine geschlossene Zimmertür!),
- über eine gute Belüftung verfügen,
- Räumlichkeiten sein, die nicht von Rauchern und Nichtrauchern gleichermaßen frequentiert werden müssen.
Für Raucherzonen außerhalb des Gebäudes ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet eine regen- und windabweisende Raucherzonen zu schaffen.
CONTRA
Raucherzonen führen – insbesondere in der Anfangsphase des Nichtraucherschutzes - häufig zu einer sozialen Abgrenzung von Rauchern und Nichtrauchern.
Die Konzentration sowie die Verweildauer einzelner Komponenten des Passivrauchs sind in Raucherzonen innerhalb von Gebäuden beträchtlich10 11, so dass Raucher deutlich stärker als bisher gefährdet sind.
Luftreinigende Anlagen sorgen zwar für eine bessere Luftqualität und verhindern, dass tabakhaltige Luft in Nichtraucherbereiche gelangt, ingesamt sind aber selbst die modernsten Anlagen nicht fähig, die gefährlichen Inhaltsstoffe des Tabakrauchs vollständig aus der Raumluft zu beseitigen.12 13
Da in Raucherräumen ständig gesundheitsgefährdende Partikel von Wänden, Böden und Gegenständen in die Raumluft abgegeben werden14, sind solche Raucherzonen eine kontinuierliche Expositionsquelle, selbst wenn dort aktuell nicht geraucht wird15. Auch dieser so genannte "kalte Rauch" ist eine Gesundheitsgefährdung, wodurch insbesondere Reinigungskräfte bei der Beseitigung von Asche einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind.
In der Wissenschaft liegt kein unterer Schwellenwert für die im Passivrauch enthaltenen krebserregenden Stoffe vor, der für die Gesundheit unbedenklich ist. Folglich liegt auch keine Handlungsgrundlage vor, nach der Ventilationssysteme einen umfassenden Gesundheitsschutz vor Tabakrauch ermöglichen. Hinzu kommt, dass diese Anlagen kostspielig sind und bei der Auflösung von Raucherräumen relativ hohe Renovierungskosten anfallen.
Empfehlung zur Umsetzung:
Der Gesetzgeber schreibt vor, dass der Nichtraucherschutz "verhältnismäßig" sein muss. Daher muss auf dem Betriebsgelände weiterhin das Rauchen unter wind- und regengeschützten Bedingungen möglich sein (es sei denn es gibt risikominimierende und produktionstechnische Gründe wie etwa auf Tankstellen).
Einschränkung auf bestimmte Personenkreise
PRO
Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass es für den Erfolg des Geschäftes wichtig ist, so dürfen Sie dem Kunden weiterhin das Rauchen erlauben (ArbStättV § 5 Absatz Abs. 2). Beachten Sie jedoch Ausnahmeregeln, die beispielsweise für den öffentlichen Verkehr, Bundes- und Landeseinrichtungen sowie die Gastronomie gelten!
Empfehlungen zur Umsetzung:
Wenn Sie Ihren Kunden das Rauchen erlauben, sind Sie dennoch verpflichtet für Ihre Mitarbeiter technische und organisatorische Vorkehrungen zutreffen, die die Tabakrauchbelastung durch Kunden minimieren.
Kein Mitarbeiter muss jedoch das Rauchen von Kunden dulden. Falls häufig innerhalb Ihres Betriebes Kundenkontakte mit Rauchern bestehen, kann eine Raucherzone ein geeigneter Kompromiss sein.
Betriebsintern zu regeln ist, ob die Mitarbeiter im Kontakt mit dem Kunden mitrauchen dürfen.
CONTRA
Ausnahmen für bestimmte Mitarbeiter oder die Geschäftsleitung sollten nicht sein. Sie schwächen den Erfolg des Projektes maßgeblich und tragen zu unnötigen sozialen Spannungen bei. Gerade der Arbeitgeber und weitere Führungskräfte müssen signalisieren, dass sie hinter der Vereinbarung stehen.
Kunden das Rauchen zu erlauben, kann dem positiven Image des rauchfreien Betriebes schaden. Die Möglichkeit zu Rauchen ist für den Kunden in der Regel auch keine Voraussetzung für einen Geschäftsabschluss.
Empfehlung zur Umsetzung:
In Räumen mit Kundenkontakt kann ein gut sichtbares Nichtraucherschild angebracht werden, so dass weder der Kunde noch der Mitarbeiter in Verlegenheit geraten. Zusätzlich kann im Eingangsbereich des Betriebes ein Schild mit dem Hinweis angebracht werden, dass es sich um einen rauchfreien und gesundheitsfördernden Betrieb handelt, mit der Bitte die Gesundheit der Mitarbeiter zu respektieren. Dennoch sollte geklärt werden, ob bei ausdrücklichem Wunsch der Gäste das Rauchen genehmigt wird.
Quellen
1 Brenner H., Fleischle B.M., 1994: Social acceptance of smokng regulations in the workplace. A study from Southern Germany. Europ. J. Publ. Health. 4:17.
2 Siehe www.ergo-online.de/site.aspx
3 Brenner H., Fleischle B.M., 1994: Social acceptance of smokng regulations in the workplace. A study from Southern Germany. Europ. J. Publ. Health. 4:17
4 Fichtenberg CM, Glantz S (2000) Association of the Californian tobacco control program with declines in cigarette consumption and mortality from heart disease. New England Journal of Medicine, 343, 1772–1777
5 Borland R, Chapman S, Owen N et al. (1990) Effects of workplace smoking bans on cigarette consumption. American Journal of Public Health, 80, 178–180
6 Farrelly MC, Evans WN, Sfekas AES (1999) The impact of workplace smoking bans: results from a national survey. Tobacco Control, 8, 272–277
7 Bauer JE, Hyland A, Li Q et al. (2005) A longitudinal assessment of the impact of smoke-free worksite policies on tobacco use. American Journal of Public Health, 95, 1024–1029
8 Biener L, Nyman AL (1999) Effect of workplace smoking policies on smoking cessation: results of a longitudinal study. Journal of Occupational and Environmental Medicine, 41, 1121–1127
9 Landesarbeitgericht Hessen - 11 Sa 121/04 dpa v. 06.02.2006
10 Kotzias D, Greiss O, Leva A et al. (2005) Ventilation as a means of controlling exposure workers to environmental tobacco smoke (ETS). European Commission Joint Research Centre, Italy, Smoke Free Europe 2005 Conference
www.smokefreeeurope.com/assets/downloads/dimitrios_kotzias.doc (Zugriff: 17.11.2007)
11 Repace J (2000) Can ventilation control secondhand smoke in the hospitality industry? OSHA Ventilation Workshop Analysis.
www.dhs.ca.gov/tobacco/documents/pubs/FedOHSHAets.pdf (Zugriff: 14.11.2007)
12 American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers (2005) Environmental tobacco smoke. Position Document. Approved by ASHRAE Board of Directors. ASHRAE, Atlanta
13 siehe 11
14 Johansson J, Olander L, Johansson R (1993) Long-term test of the effect of room air cleaners on tobacco smoke. roceedings of Indoor Air, 187, 92
15 ebenda